[Rezension] Léon und Louise | Alex Capus

Mittwoch, 16. Dezember 2015


» Seiten: 315
» Verlag: dtv
» Ersterscheinung: 7. Februar 2011
» ISBN: 9783423141284
» Format: Taschenbuch
» Preis: [A] 10,20 €  |  [D] 9,90 €
» Genre: (Historischer Liebes)roman

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Mein Lesezeitraum: 9. - 13. Nov. 2015






Worum Geht's?
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Eine erheiternde erste Begegnung zwischen Léon Le Gall und Louise Janvier findet während dem ersten Weltkrieg statt. Es ist Louise, die Frau mit der gepunkteten Bluse auf dem quietschenden Fahrrad, die Léon seit ihrer ersten Begegnung nicht mehr aus dem Kopf geht. Und obwohl Louise erst nicht auf Léons Bitten, sich mit ihm zu treffen, eingeht, entschließt sie sich schlussendlich doch kurzerhand dazu, ihn auf einem Wochenendausflug mit dem Fahrrad zu begleiten. 24 Stunden, in denen sie sich endlich ein wenig näher kommen, sind ihnen dabei vergönnt, dann reißt sie ein Bombenangriff jäh auseinander.
Beide in dem Glauben, der jeweils andere wäre tot, treffen sie erst ganze zehn Jahre später in der Pariser Métro zufällig wieder aufeinander ...


Der Erste Satz
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Wir saßen in der Kathedrale von Notre-Dame und warteten auf den Pfarrer.


Meine  Meinung
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Eine ganz und gar ungewöhnliche Liebe

Das Problem dabei ist, dass der gute Léon zehn Jahre später, also 1928, mit Yvonne verheiratet und zusätzlich bereits Vater ist. Und da Léon viel zu loyal und pflichtbewusst ist, käme es für ihn auch gar nicht in Frage, seine Frau für Louise zu verlassen.
Überraschenderweise ist Louise genau derselben Ansicht, was ich erst gar nicht erwartet habe, da ich sie als laute, selbstbewusste und vor allem emanzipierte, wie der Schnabel gewachsen redende Frau kennengelernt habe, die klare Vorstellungen von ihrem Leben hat.

Für Léon, der sich schon lange daran gewöhnt hatte, zwei Frauen zu 
haben - eine an seiner Seite und eine im Kopf -, änderte sich damit nicht viel.
 (S. 229)

Ja, für Léon ändert sich nicht viel, als er Louise wiedertrifft, denn für ihn ist klar: er wird seine Frau Yvonne und die Kinder nicht verlassen. So ein Mann ist er nicht. Dennoch denkt er ständig an Louise, was ich ihm auch gar nicht verdenken kann, schließlich war er jahrelang der Ansicht, sie sei 1918 ums Leben gekommen.
Auch Louise akzeptiert Léons Entscheidung, sie geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt, sie sollen sich gar nicht mehr treffen. Es hat all die Jahre funktioniert, also wird es auch weiterhin funktionieren. Eine Begründung für Louises Denken gab es keine, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es für sie nur schmerzhaft gewesen wäre, weiterhin mit Léon zusammen zu sein, in dem Wissen, dass er seiner Frau versprochen hat, sie und die Kinder niemals zu verlassen.

"Ob ich auch Dich vergessen habe? Na, ein wenig schon - es hat ja keinen Sinn, sich hier Tag für 
Tag vor Sehnsucht zu verzehren. Und doch habe ich Dich, daran ändert sich nichts, immer bei mir."
(S. 276)

Eine Liebe, wie sie Léon und Louise ein Leben lang verbindet, und das, obwohl sie mehr oder weniger ein fast vollständig getrenntes Dasein führen, ist meiner Ansicht nach sehr, sehr ungewöhnlich und kommt auf dieser Welt wahrscheinlich nicht besonders häufig vor. Vor allem muss man bedenken, dass sie vor ihrer Trennung bei dem Bombenangriff gerade mal, wenn überhaupt, 24 Stunden miteinander verbracht haben. Aber in dieser Zeit dürfte irgendetwas entwachsen sein, was beide für immer aneinander gebunden hat: eine tiefe, prägende Liebe, die nie nachgelassen hat. Ich würde sogar so weit gehen und die beiden als seelenverwandt beschreiben, anders kann ich mir dieses lebenslange Aneinanderfesthalten sonst gar nicht erklären.

So wundervoll, aber gleichzeitig ebenso bedauernswert ich diese außergewöhnliche Liebe auch empfunden habe, genauso sehr hat mir der Schreibstil Alex Capus’ zugesagt. Zwar kamen in der Geschichte kaum direkte Reden vor, was ich ein wenig vermisst habe, aber dafür hatte diese Erzählung etwas Lockeres und Leichtes an sich, das mich wunderbar an das Buch fesseln konnte. Auch den ganz eigenen Humor des Autors fand ich erfrischend und hat absolut meinen Geschmack getroffen. Hier versucht Léon zum Beispiel die wechselnden Stimmungen seiner Frau Yvonne ganz nüchtern, aber auch amüsant treffend, zu beschreiben:

Er war zu einem Mann von einiger Lebenserfahrung herangewachsen, und nach 
fünf Jahren Ehe war ihm bekannt, dass die Seele einer Frau auf geheimnisvolle 
Weise in Verbindung steht mit den Wanderungen der Gestirne, dem Wechselspiel 
der Gezeiten und den Zyklen ihres weiblichen Körpers, möglicherweise auch mit 
unterirdischen Vulkanströmen, den Flugbahnen der Zugvögel und dem Fahrplan 
der französischen Staatsbahnen, eventuell sogar mit den Förderquoten auf den 
Ölfeldern von Baku, den Herzfrequenzen der Kolibris am Amazonas und 
den Gesängen der Pottwale unter dem Packeis der Antarktis.
(S. 99)

Die ganze Geschichte von Léon und Louise startet auf einer Beerdigung, auf der ein Haufen Le Gall - Familienmitglieder anwesend sind: Kinder, Enkel und Urenkel. Man hat also schon die Vermutung, dass Léon es ist, um den hier getrauert wird. Hinzu kommt, dass das Buch von einem von Léons Enkeln erzählt wird.
Aber nicht nur die Familie ist anwesend, auch eine alte Frau sitzt in den Reihen, über die munter getuschelt wird. - Es ist Louise. Und genau an dieser Stelle startet für uns Leser eine der außergewöhnlichsten Liebesgeschichten zwischen zwei Menschen, die sich einander näher fühlen, je weiter sie voneinander entfernt sind ...


Persönliche Bewertung
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Weitere Buchzitate
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~ Sie erzählte immer ungeschminkt die Wahrheit, soweit sie sie kannte, 
denn sie wusste, dass auf Dauer nur diese Bestand haben kann. ~ (S. 52)

 ~ "Aber die gefährlichsten Unwahrheiten sind mäßig entstellte Wahrheiten." ~ (S. 218)

"Persönlich neige ich zur Ansicht, dass uns das Leben für alles 
irgendwann ganz unaufgefordert eine Quittung ausstellt." ~ (S. 220)




Alex Capus liest vor
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Der Autor
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(c) Peter Hassiepen

Alex Capus, geboren 1961 in Frankreich, studierte Geschichte und Philosophie in Basel. Zwischen 1986 und 1995 arbeitete er als Journalist bei verschiedenen Schweizer Tageszeitungen, davon vier Jahre als Inlandredakteur bei der Schweizerischen Depeschenagentur SDA in Bern. Alex Capus lebt heute als freier Schriftsteller in Olten, Schweiz.










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... u.v.m.









6 Kommentare:

  1. Hallo Janine,

    eine sehr schöne Rezension! Mir hat es auch gefallen, allerdings fand ich es jetzt nicht so überragend. Deinen Schlusssatz finde ich übrigens besonders gelungen.

    Liebe Grüße,
    Nicole

    P.s.: Ja, natürlich darfst du Verlinken - das freut mich sehr! :-)

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  2. Liebe Janine,

    was für eine schöne Idee, auch andere Rezensionen zu verlinken! Leider ist meine Rezension zu Leon und Louise sehr knapp und zählt nicht zu meinen besten :D Aber lass den Link ruhig drin - ich stehe auch zu meinen weniger guten Buchbesprechungen :)

    Vielleicht wird es auch mal Zeit für einen Reread und eine Überarbeitung der Rezension.

    Liebe Grüße
    Jacy

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    1. Liebe Jacy,
      du gehst in deiner Rezension zwar nicht allzu viel auf den Inhalt ein, aber ich finde, das ist auch nicht immer unbedingt notwendig, mir gefällt sie sehr gut, deswegen wollte ich dich ja gerne mitverlinken. ;) Danke dir für deine Erlaubnis!
      Alles Liebe ♥,
      Janine

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  3. Ich habe das Buch ja shcon lange gelesen und konnte mit den begeisterten Rezensionen nichts anfangen. Mir hat es zwar gefallen und ich kann mich an einige Ereignisse daraus noch sehr gut erinnern, aber meine Bewertung ist wie deine....gut, aber nicht heraussragend.
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Hallo Martina! :)
      Wie lange ist die Lektüre bei dir denn schon her? Ich kann die sehr positiven Rezensionen schon auch verstehen, ich glaube, dass sie ganz stark Geschmackssache ist und das Mögen eher davon abhängt, wie gerne man diese Art ungwöhnlicher Liebesgeschichte und dann auch noch in Zeiten des Krieges, liest. Ich fand es jedenfalls besser als nur durchschnittlich und freue mich darüber, den Stil des Autors durch dieses Buch kennengelernt zu haben. Weitere Werke von Alex Capus zu lesen - das mag ich nicht ausschließen. ;)

      Alles Liebe ♥,
      Janine

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