[Rezension] Kinderseele | Hermann Hesse

Dienstag, 25. August 2020


Seiten: 70
Verlag: Suhrkamp
deutsche Ersterscheinung: 1920
ISBN: 9783518377031
Format: Taschenbuch
Preis: [A] 6,20 €  |  [D] 6,00 €
Genre: Klassiker, Autobiografisches, Roman

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Mein Lesezeitraum: 14. - 15. August 2020  (= 2 Tage)







Klappentext


Als Hesse Ende 1918 diese Erzählung schrieb, lagen die Begebenheiten, an die er sich hier erinnert, fast dreißig Jahre zurück. Die topographische ebenso wie die psychologische Präzision des Geschilderten, die sich über Jahrzehnte hinweg unauslöschlich in allen Einzelheiten bewahrt hat, verrät, wie einschneidend dieses Erlebnis gewesen sein muss, das sich am 11. November 1889 zugetragen hat. In einem »Widerstreit zwischen Ehrfurcht und Auflehnung« gegen die Autorität eines Vater, »der nie im Unrecht war«, verwickelt sich der Sohn wie unter hypnotischem Zwang »in eine Tat, die er gar nicht wollte«. Selten sind die dämonischen Antriebe eines hellwachen Gewissens, das als Unrecht Erkannte aus einem Drang zur Selbstbehauptung dennoch zu tun, so gründlich durchleuchtet und glaubwürdig gedeutet worden wie in diesem »Drama eines begabten Kindes«.


Erster Satz


Manchmal handeln wir, gehen aus und ein, tun dies und das, und es ist alles leicht, unbeschwert und gleichsam unverbindlich, es könnte scheinbar alles auch anders sein.


Meine Meinung


Habe total Lust auf getrocknete Feigen bekommen 

Der über 40-jährige Hermann Hesse erinnert sich in Kinderseele an ein Erlebnis aus seiner Kindheit, welches ihm als 11-Jähriger widerfahren ist. Es ist schon erstaunlich, dass er nach 30 Jahren noch so lebhaft an diese beiden Tage zurückdenken kann, aber anscheinend war diese Tat damals wohl sehr einprägsam.

Der kleine Hesse hat etwas getan, was so gar nicht fromm ist und seither macht ihn das schlechte Gewissen verrückt. Er erwartet von seinem Vater jeden Moment zur Rechenschaft gezogen zu werden und das plagt ihn natürlich unglaublich. Er hadert mich sich und der Welt, er hadert mit Gott und einem Freund, der eigentlich keiner ist. Er denkt, er wäre ein Verbrecher und keiner würde so ticken und triebhaft sein wie er.

Verdammt und widerwärtig war dies Leben, verlogen und ekelhaft war es. Die Erwachsenen taten, als sei die Welt vollkommen und als seien sie selber Halbgötter, wir Knaben aber nichts als Auswurf und Abschaum.
(S. 13/14)

Ich finde es ausgesprochen mutig, dass Hermann Hesse seine eigene Psyche dermaßen darlegt. Er erklärt nämlich, was er als Kind von der Empathielosigkeit Erwachsener gehalten hat und außerdem lässt er durchscheinen, wie die Beziehung zu seinem Vater gewesen sein muss, was ich schon als sehr intim empfinde. Außerdem offenbart er kindliche Schuld- und Angstgefühle und beschreibt ziemlich genau, wie auch ich mich oft als Kind gefühlt habe: als würde ich nichts richtig machen können. Und wenn doch einmal alles erfreulich gelaufen ist, gab es trotzdem eine Sache, wodurch man ein Schuld- oder Minderwertigkeitsgefühl bekommen hat.
Die liebevolle und gütige Mutterfigur wird in diesem Buch nur kurz erläutert, schließlich ist diese viel zu unwichtig im Vergleich zur autoritären und distanzierten Vaterfigur, die einerseits eine gewisse Faszination, andererseits aber auch ein Abgestoßensein mit sich bringt.

Dieses Buch kann dabei behilflich sein, sich an seine Gefühle aus der Kindheit zurückzuerinnern. So kann man sich dann natürlich auch in die eigenen Kinder hineinversetzen und ein bewussteres Verhalten ihnen gegenüber anstreben.
Die Sprache ist ähnlich wie aus Siddhartha. Also, wer Siddhartha mochte, wird auch Kinderseele zu schätzen wissen. Ohnehin glaube ich, dass Kinderseele einen großen Teil dazu beigetragen hat, dass die Buchfigur Siddhartha überhaupt entstehen konnte. Siddhartha ist nämlich nur 2 Jahre nach Kinderseele erschienen, und der große Wunsch Siddharthas, ein reinerer, besserer Mensch zu werden, ist auch beim 11-jährigen Hesse in seiner 70-seitigen Kinderseelen-Erzählung schon Thema.

Persönliche Bewertung





Der Autor

© Gret Widmann


Hermann Hesse, geboren am 2.7.1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltendeutschen Missionars und der Tochter eines württembergischen Indologen, starb am 9.8.1962 in Montagnola bei Lugano.

Er wurde 1946 mit dem Nobelpreis für Literatur, 1955 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Nach einer Buchhändlerlehre war er seit 1904 freier Schriftsteller, zunächst in Gaienhofen am Bodensee, später im Tessin.

Er ist einer der bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.

1 Kommentar:

  1. Hallo liebe Janine

    Vielen Dank für den Tipp, das Buch klingt ja total spannend und auch sehr berührend.

    Ganz liebe Grüsse
    Livia

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