Seiten: 70
Verlag: Suhrkamp
deutsche Ersterscheinung: 1920
ISBN: 9783518377031
Format: Taschenbuch
Mein Lesezeitraum: 14. - 15. August 2020 (= 2 Tage)
Klappentext
Als Hesse Ende 1918 diese Erzählung schrieb, lagen die Begebenheiten, an die er sich hier erinnert, fast dreißig Jahre zurück. Die topographische ebenso wie die psychologische Präzision des Geschilderten, die sich über Jahrzehnte hinweg unauslöschlich in allen Einzelheiten bewahrt hat, verrät, wie einschneidend dieses Erlebnis gewesen sein muss, das sich am 11. November 1889 zugetragen hat. In einem »Widerstreit zwischen Ehrfurcht und Auflehnung« gegen die Autorität eines Vater, »der nie im Unrecht war«, verwickelt sich der Sohn wie unter hypnotischem Zwang »in eine Tat, die er gar nicht wollte«. Selten sind die dämonischen Antriebe eines hellwachen Gewissens, das als Unrecht Erkannte aus einem Drang zur Selbstbehauptung dennoch zu tun, so gründlich durchleuchtet und glaubwürdig gedeutet worden wie in diesem »Drama eines begabten Kindes«.
Erster Satz
Manchmal handeln wir, gehen aus und ein, tun dies und
das, und es ist alles leicht, unbeschwert und gleichsam unverbindlich, es
könnte scheinbar alles auch anders sein.
Meine Meinung
Habe total Lust auf getrocknete Feigen bekommen
Der über 40-jährige Hermann
Hesse erinnert sich in Kinderseele an ein Erlebnis aus seiner
Kindheit, welches ihm als 11-Jähriger widerfahren ist. Es ist schon
erstaunlich, dass er nach 30 Jahren noch so lebhaft an diese beiden Tage
zurückdenken kann, aber anscheinend war diese Tat damals wohl sehr einprägsam.
Der kleine Hesse hat etwas
getan, was so gar nicht fromm ist und seither macht ihn das schlechte Gewissen
verrückt. Er erwartet von seinem Vater jeden Moment zur Rechenschaft gezogen zu
werden und das plagt ihn natürlich unglaublich. Er hadert mich sich und der
Welt, er hadert mit Gott und einem Freund, der eigentlich keiner ist. Er denkt,
er wäre ein Verbrecher und keiner würde so ticken und triebhaft sein wie er.
Verdammt und widerwärtig war dies Leben, verlogen und ekelhaft war es. Die Erwachsenen taten, als sei die Welt vollkommen und als seien sie selber Halbgötter, wir Knaben aber nichts als Auswurf und Abschaum.
(S. 13/14)
Ich finde es ausgesprochen
mutig, dass Hermann Hesse seine eigene Psyche dermaßen darlegt. Er erklärt
nämlich, was er als Kind von der Empathielosigkeit Erwachsener gehalten hat und
außerdem lässt er durchscheinen, wie die Beziehung zu seinem Vater gewesen sein
muss, was ich schon als sehr intim empfinde. Außerdem offenbart er kindliche
Schuld- und Angstgefühle und beschreibt ziemlich genau, wie auch ich mich oft
als Kind gefühlt habe: als würde ich nichts richtig machen können. Und wenn
doch einmal alles erfreulich gelaufen ist, gab es trotzdem eine Sache, wodurch
man ein Schuld- oder Minderwertigkeitsgefühl bekommen hat.
Die liebevolle und gütige
Mutterfigur wird in diesem Buch nur kurz erläutert, schließlich ist diese viel
zu unwichtig im Vergleich zur autoritären und distanzierten Vaterfigur, die
einerseits eine gewisse Faszination, andererseits aber auch ein Abgestoßensein
mit sich bringt.
Dieses Buch kann dabei
behilflich sein, sich an seine Gefühle aus der Kindheit zurückzuerinnern. So
kann man sich dann natürlich auch in die eigenen Kinder hineinversetzen und ein
bewussteres Verhalten ihnen gegenüber anstreben.
Die Sprache ist ähnlich wie
aus Siddhartha. Also, wer Siddhartha mochte, wird auch Kinderseele zu schätzen wissen. Ohnehin glaube ich, dass Kinderseele einen großen Teil dazu beigetragen hat, dass die
Buchfigur Siddhartha überhaupt entstehen konnte. Siddhartha ist
nämlich nur 2 Jahre nach Kinderseele erschienen, und der große
Wunsch Siddharthas, ein reinerer, besserer Mensch zu werden, ist auch beim
11-jährigen Hesse in seiner 70-seitigen Kinderseelen-Erzählung schon Thema.
Persönliche Bewertung
Der Autor
© Gret Widmann |
Hermann Hesse, geboren am 2.7.1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltendeutschen Missionars und der Tochter eines württembergischen Indologen, starb am 9.8.1962 in Montagnola bei Lugano.
Er wurde 1946 mit dem Nobelpreis für Literatur, 1955 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Nach einer Buchhändlerlehre war er seit 1904 freier Schriftsteller, zunächst in Gaienhofen am Bodensee, später im Tessin.
Er ist einer der bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Hallo liebe Janine
AntwortenLöschenVielen Dank für den Tipp, das Buch klingt ja total spannend und auch sehr berührend.
Ganz liebe Grüsse
Livia