[Rezension] Das Glück des Schmetterlings beim Fliegen | Barbara Imgrund

Dienstag, 20. März 2018


Seiten: 196
Ersterscheinung: 13. November 2017
ISBN: 9781979723756
Format: Taschenbuch
Preis: [D] 8,55 €
Genre: Roman

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Mein Lesezeitraum: 6. - 16. März 2018  (= 11 Tage)




Die Buchrückseite
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Marie hat ihren Sohn per Notkaiserschnitt tot zur Welt gebracht und kann keine weiteren Kinder bekommen.
Fiebrig mäandert sie durch die Tage im Krankenhaus. Nachts, in ihren Albträumen, wird sie von einem dämonischen Schmetterling in den Abgrund getrieben. Schließlich bricht mit der Operationswunde auch die Verlassenheit wieder auf, die sie seit ihrer Kindheit begleitet: »Ich bin die, die übrigbleibt.«
Ihr Heil sucht Marie auf dem Friedhof gegenüber. Ein Glück, dass es dort viel lebendiger und launiger zugeht, als man meinen sollte – die Menschen, denen sie begegnet, sind ebenso gestrandet wie sie, sie haben nichts mehr zu verlieren. Doch schon bald spürt Marie, dass etwas nicht stimmt. Es ist, als hätten Rose und Adrian, Siegfried und Gretel schon viele Jahre auf sie gewartet. Und allmählich dämmert ihr, dass ein gemeinsames Schicksal sie alle aneinander fesselt ...


Der Erste Satz
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Manchmal verirre ich mich.


Meine  Meinung
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Das Leben ist ein Geschenk.

Wenn das Schicksal hart zuschlägt, sucht sich jeder Mensch seinen ganz individuellen Weg, um mit der eingetretenen Situation zurechtzukommen. Manche Menschen kommen schneller damit klar, andere brauchen länger, bis sie von sich behaupten können, dass alles wieder in Ordnung ist. Wieder andere kommen niemals darüber hinweg.
Marie, die Protagonistin in vorliegendem Buch, muss gleich zwei schwerwiegende Tatsachen verkraften: die Totgeburt ihres Sohnes und der Umstand, dass sie nun keine Kinder mehr bekommen kann. Für Marie sind diese Nachrichten wie ein Schlag ins Gesicht. Kein Wunder, dass sie sich taub fühlt vor Traurigkeit. Kein Wunder, dass sie sich selbst nicht mehr wahrnimmt, ja sogar das Gefühl hat, sich selbst verloren zu haben. Ein solcher Verlust ist an Tragik kaum zu überbieten. Und ich konnte ihr deshalb auch ihr andauerndes Selbstmitleid und den ständigen Gedanken »Ich bin die, die übrigbleibt.« absolut nicht übelnehmen.

»Man kann nur etwas ändern, wenn man endlich aufhört, sich leid zu tun.« 
(S. 54)

Wie es dann manchmal so ist - und das scheint ebenfalls Schicksal zu sein - plant das Leben für einen aber manchmal viel mehr als man erwarten würde. Manchmal hat man das Gefühl, als würde irgendeine höhere Macht wollen, dass dieses oder jenes passiert oder eben nicht passiert, damit ... ja was eigentlich? Damit man die Chance bekommt, persönlich zu wachsen/sich persönlich weiterzuentwickeln, um ein glücklicheres Leben führen zu können? - Ich denke schon!

Maries Geschichte ist voll von Menschen, die ihr (teils unbewusst) meist durch Gespräche oder einfach so dahingesagten Sätzen helfen, ihr Schicksal zu akzeptieren, Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Diese Menschen sind aber nicht einfach irgendwelche zufällig getroffenen Menschen. Genau genommen haben sie eine ganz besondere Bedeutung bzw. spielen alle mehr oder weniger eine ganz wichtige Rolle in Maries Leben. Weiter möchte ich darauf nicht eingehen, das würde zu viel vorwegnehmen.

»Manche Dinge muss man schon selbst erkennen, sonst sind sie nichts wert.« 
(S. 162)

Ich persönlich finde jedenfalls, dass Barbara Imgrund Maries Lebenslektion in eine total schöne Geschichte verpackt hat, die es sich absolut zu lesen lohnt.
Ich meine, ja, der eine oder andere Charakter wirkt – zumindest anfangs – vielleicht etwas verschroben, komisch oder eigensinnig, wahrscheinlich auch deshalb, weil ebenjene sich am liebsten am Friedhof aufhalten, aber genau das hat mir an dem Roman auch irgendwie gefallen: die Besonderheit der Protagonisten.
Außerdem offenbart das Buch auf den letzten Seiten etwas, das ich eh irgendwie schon die ganze Zeit ein wenig geahnt habe, denn Anzeichen für meine Vermutung gab es im Laufe des Lesens genug. Wirklich überrascht war ich von dieser Entwicklung also nicht mehr.

Das, was man sieht, ist nicht immer so, wie es scheint. 
(S. 116) 

Wer Freude an einer fantasievollen Geschichte mit aufregenden Charakteren und spannendem Verlauf hat, sollte sich Das Glück des Schmetterlings beim Fliegen unbedingt gönnen. Darin finden sich auch so viele schöne Lebensweisheiten und ratspendende Gedanken – selbstverständlich meist auf die Protagonistin zugeschnitten. Nichtsdestotrotz absolut Gold wert, wenn man es versteht, die für sich relevanten Sätze rauszupicken.


Persönliche Bewertung
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Weitere Buchzitate
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~ Es ist eine merkwürdige Sache mit den entscheidenden Augenblicken im Leben, die alles verändern, 
sodass nichts bleibt, wie es war. Sie geschehen von ganz allein und ohne, dass man sie herbeigerufen hätte. 
Sie kommen auf Samtpfoten daher und gehen mucksmäuschenstill vorüber, und man schenkt ihnen zunächst 
gar keine Beachtung, weil sie so unscheinbar sind. Aber dann, später, wenn das Leben diese eine entscheidende 
Wendung genommen hat, ohne die es ein ganz anderes Leben geworden wäre, blickt man auf jenen 
Augenblick zurück, und man erkennt plötzlich, welche Macht in ihm lag. Und welcher Zauber. ~
(S. 20)

~ »Menschen kommen, Menschen gehen. Aber du - du bleibst dir.« ~  
(S. 55)

~ Man holt die Toten nicht zurück, indem man aufhört zu leben. ~ 
(S. 86)

~ Und mit der Zeit ist es ohnehin so eine Sache. Manchmal kann sie einem nicht 
schnell genug vergehen, und dann wieder will man sie am liebsten anhalten. ~ 
(S. 117)

~ Wenn man jung ist, denkt man immer, man hat noch so viel Zeit. Man kann alles 
verschieben auf später. Aber das stimmt nicht. Später kann man nichts mehr nachholen. 
Der Augenblick ist nur einmal da, und dann ist er vorüber. Er kommt nicht wieder. ~  
(S. 119)

~ Wir bilden uns ein, dass wir die Welt verändern können. Wir heilen tödliche Krankheiten, wir 
spalten Teilchen und schicken Raumschiffe ins All. Aber was hilft es uns? Wir sterben an einem 
Ziegelstein, der uns auf den Kopf fällt. An einer Grippe, die wir uns im Bus eingefangen haben. 
Durch einen Verkehrsunfall, an dem wir unschuldig sind. Wir sind zur falschen Zeit am falschen Ort. 
Oder zur richtigen Zeit am richtigen Ort, wie man's nimmt. Das Schicksal findet immer seinen Weg. 
Und wir können nichts anderes tun als ihm dabei zuschauen. Oder auch ein bisschen mitschuld sein. ~ 
(S. 125)

~ Aber wer weiß schon selbst, was er tragen kann, bevor er es nicht auf den Schultern gespürt hat? ~ 
(S. 130)

~ Du Alpha und Omega, du Gott oder Schicksal oder wie du dich nennst, du richtest alles so 
ein, wie es kommt. Das ist vielleicht schon das ganze Geheimnis. Man muss es annehmen, das 
Gute, das Schlechte, das Mittelprächtige, das einem zugedacht ist, und dann daraus das Beste 
machen. Hadern ist sinnlos. Denn kein Gott der Welt nimmt je eine Entscheidung zurück. ~  
(S. 144)

~ So müsste man leben: im Augenblick. Wer immer zurücksieht, kommt vom 
Weg ab, und wer zu weit nach vorn schaut, fällt über das Naheliegende. ~ 
(S. 144)




Die Autorin
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» Quelle «
Barbara Imgrund wuchs im Allgäu auf und studierte Neuere deutsche Literatur, Mediävistik und Komparatistik in München. Anschließend arbeitete sie in verschiedenen Münchner Verlagen, bevor sie sich als Lektorin, literarische Übersetzerin und Autorin selbstständig machte.
Bereits während des Studiums jobbte sie als ausgebildete Schwesternhelferin auf der Krebs- und Aidsstation eines Münchner Krankenhauses. Heute besucht sie zusammen mit ihrem Hund als Besuchshundeteam eine Palliativstation und ist als ehrenamtliche Hospizbegleiterin in einem Pflegeheim tätig. Die Begegnungen mit kranken, alten und sterbenden Menschen berühren sie so sehr, dass sie sich auch in ihren Büchern immer wieder damit auseinandersetzt.
Barbara Imgrund lebt und arbeitet in Heidelberg. 








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2 Kommentare:

  1. Hallo Janine,
    danke für deine Rezi. Ich war mir bisher sehr unsicher ob das Buch für mich was ist.
    Ich werde es jetzt aber mit auf meine Wunschliste setzten, da du mich neugierig gemacht hast.

    Gruß
    Jaq

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    Antworten
    1. Hallo Jaq,
      bitte, gerne. Es freut mich, dass ich dir damit Lust auf das Buch gemacht habe. :)
      Alles Liebe und viel Freude beim Lesen!
      Janine

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