Dienstag, 7. Mai 2019

[Rezension] Der Traum der Schildkröte | Peter Laufer


Seiten: 322
deutsche Ersterscheinung: 21. März 2019
ISBN: 9783990550175
Format: Hardcover (mit Schutzumschlag)
Originaltitel: Dreaming in Turtle
Übersetzer: Nadine Lipp
Untertitel: Meine Freundschaft mit einem besonderen Geschöpf und die Geschichte seiner Art
Genre: Recherche- und Dokumentationsreiseroman

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Mein Lesezeitraum: 12. - 26. April 2019  (= 15 Tage)




Die Buchrückseite
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Eine Schildkröte könnte Geschichten erzählen, von denen der Mensch, im Vergleich dazu ein Jüngling auf Erden, nur träumen kann. Diesen Geschichten auf die Spur zu kommen, war Peter Laufers Ansinnen. Er erzählt von der ersten Begegnung zwischen dem Menschen und dem gepanzerten Reptil, bis hin zur Realität des Schildkrötenlebens, das untrennbar mit dem ökologischen Schicksal der Meere und dem Klimawandel verknüpft ist. Ein Aufruf für die Zukunft unseres Planeten einzutreten, ein Memento der Achtsamkeit und die Geschichte einer Freundschaft.


Der Erste Satz
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Menschen dürfen es nicht einfach so hinnehmen, dass eine Tierart von der Erde verschwindet.


Meine  Meinung
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Faszination Schildkröte

Die Schildkröte steht auf der Liste stark bedrohter Tierarten. Sie ist nicht so niedlich wie ein Panda, nicht so kuschelig wie ein Koala und auch nicht so prächtig wie ein Eisbär, dennoch scheint sie die Menschen auf irgendeine Art und Weise zu faszinieren. Peter Laufer hat sich in seinem Recherche- und Dokumentationsreise-Roman ganz dem Thema »Schildkröte« gewidmet. Er nimmt uns mit auf eine ausgiebige Reise durch die Welt und bringt uns dabei die Schildkröte in all ihren Facetten ganz nahe. Allein, wenn man dann erfährt, dass die Schildkröte bereits im Dinosaurierzeitalter existierte, betrachtet man diese Wesen mit ganz anderen Augen.

Man fragt sich, warum die Schildkröte in so vielen Gegenden verehrt und als heilig angesehen und in anderen Gegenden wiederum gejagt und verkauft wird. Ihr Lebensraum wird mancherorts zerstört – für Golfplätze, für Öl, für Solaranlagen. Besonders nachdenklich gemacht, hat mich die Aussage der Biologin Mercy Vaughn. Sie denkt, dass "die Welt bereits im Arsch ist" und wir Menschen "die Meister unseres eigenen Untergangs" sind. Es gibt "zu viel Geldgier und Verlangen nach Macht" und "wieso sollte man sich da um ein paar Schildkröten irgendwo in der Wüste sorgen"? Dennoch gibt es sie immer wieder, Tierschützer und Tierschutzorganisationen, die alles in ihrer Macht stehende tun, um das Reptil zu retten und in seinem Lebensraum zu beschützen.

Als Leser ist man einfach nur bestürzt, wenn man all die Gründe erfährt, weswegen der Mensch Interesse an Schildkröten, auch an vom Aussterben bedrohten Schildkrötenarten, hat: Mit ihnen werden Schildkrötenopfer praktiziert. Man glaubt, dass, wenn man sie isst, man sehr lange lebt oder geduldig, weise und fruchtbar (Teile von ihr benutzt man als Viagra.) wird. Sie hat einen Platz auf Gourmetspeisekarten und wird als Heilmittel eingesetzt. Besonders die Asiaten können die Finger nicht von ihr lassen. In China spielt die Schildkröte eine zentrale Rolle: sie wird gewildert, geschmuggelt, am Schwarzmarkt (für SEHR VIEL Geld) verkauft. Ein seltenes Tier zu besitzen ist für Reiche mit Sammelsucht ein besonderer Kick. Aus ihrem Panzer wird Schildpatt hergestellt: Kämme, Haarschmuck, Plektren. Aus ihrer Haut: Schuhe und Taschen. Schildkröten landen häufig in für den Fischfang riesigen Netzen als Beifang und verenden dort elendig.
Es gibt unendlich viele Gründe, weshalb die Schildkröte gefährdet ist. Sie lebt unter Umständen sehr lange, muss aber auch ein gewisses Alter erreichen, um sich fortpflanzen zu können. Aus einem Schildkrötennest mit mehreren 100 Eiern überleben nur ein paar wenige, die das Erwachsenenalter erreichen.

Der Autor hat sogar einen Schildkrötenschmuggler in Gewahrsam und einen auf freiem Fuß interviewt, um deren Motive zu erfahren und verstehen zu können. Laufer hat sich wirklich voll auf sein Schildkrötenprojekt eingelassen, denn auch er selbst hat sich eine Schildkröte zugelegt, um ein Weilchen mit ihr zu leben und ihre Faszination auszumachen. Zwischen Laufers Schildkrötengeschichten finden sich im Buch diese grau hinterlegten Texte, in denen der Autor von Fred berichtet, seiner vorübergehenden Pflegeschildkröte. Diese Absätze wirken wie erholsame Päuschen zwischen all den Unglaublichkeiten und Abscheulichkeiten rund um den Schildkrötenhandel. Manch ein Fakt widert einen an, manches erschreckt und manches lässt einen einfach nur den Kopf schütteln. In jedem Fall hat sich der Inhalt bei mir eingeprägt und ja, die Schildkröte sehe ich heute definitiv mit anderen Augen. 

»Jeder hat eine Schildkrötengeschichte.« sagt Peter Laufer in seinem Buch immer wieder. Ich hatte in meinem Leben bisher kaum etwas mit diesen Tieren zu tun. Aber ja, trotzdem kann auch ich "eine Schildkrötengeschichte" erzählen: Meine Mutter hatte zwei Schildkröten. Die zwei lebten noch bei uns, als ich ein Kleinkind war. Erinnern kann ich mich daran allerdings nicht mehr. Irgendwann sind die beiden ausgebüxt und nie mehr wieder zurückgekommen. Heute habe ich meinen eigenen Haushalt in einem anderen Ort und seit ein paar Monaten hängen in unserer Nachbarschaft mehrere "Schildkröte entlaufen"-Schilder an Masten, die wohl ein besorgter Schildkrötenbesitzer dort angebracht hat. Da sie heute immer noch dort hängen, kann ich annehmen, dass besagte Schildkröte noch nicht wieder aufgetaucht ist. Das sind meine Schildkrötengeschichten. Sie sind nicht lange und nicht aufregend, aber es gibt sie.
Und, was ist deine Schildkrötengeschichte?


Persönliche Bewertung
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Der Autor
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Peter Laufer lebt als Autor, Journalismus-Professor und Dokumentarfilmer in Oregon. Seinen vielfältigen Interessen geht er in der ganzen Welt nach. Mit dem geschulten Auge des Journalisten und der Liebe zum Detail begegnet er den brennenden Themen. Die Beziehung zur Schildkröte kam durch das Engagement bei einer Initiative zum Schutz dieser Art, in der Laufer gemeinsam mit Richard Branson aktiv ist.





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