Montag, 11. Juli 2016

[Rezension] Vom Ende der Einsamkeit | Benedict Wells


Seiten: 355
Verlag: Diogenes
Ersterscheinung: 24. Februar 2016
ISBN: 9783257069587
Format: Leineneinband mit Schutzumschlag
Preis: [A] 22,70 €  |  [D] 22,00 €
Genre: Roman

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Mein Lesezeitraum: 4. - 10. Juli 2016




Der Klappentext
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Jules und seine Geschwister Marty und Liz sind grundverschieden, doch ein tragisches Ereignis prägt alle drei: Behütet aufgewachsen, haben sie als Kinder ihre Eltern durch einen Unfall verloren. Obwohl sie auf dasselbe Internat kommen, geht jeder seinen eigenen Weg, sie werden sich fremd und verlieren einander aus den Augen. Vor allem der einst so selbstbewusste Jules zieht sich immer mehr in seine Traumwelten zurück. Nur mit der geheimnisvollen Alva schließt er Freundschaft, doch erst Jahre später wird er begreifen, was sie ihm bedeutet - und was sie ihm immer verschwiegen hat. Als Erwachsener begegnet er Alva wieder. Es sieht so aus, als könnten sie die verlorene Zeit zurückgewinnen, doch dann holt sie die Vergangenheit wieder ein.


Der Erste Satz
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Ich kenne den Tod schon lange, doch jetzt kennt der Tod auch mich.


Meine  Meinung
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»Nur gemeinsam können wir die Einsamkeit besiegen.«

Nach dem Zuklappen des Buches bleibt ein überwältigendes Gefühl zurück ... Ich bin überwältigt von all den tiefsinnigen Gedanken darin, von der Sprache, die von einer zarten Melancholie geprägt ist und von den bewegenden Schicksalsschlägen der Protagonisten.
»Vom Ende der Einsamkeit« ist nach »Fast genial« mein zweites Buch von Benedict Wells, aber das erste von ihm, das von mir den Lieblingsbuch-Status erhält.

Was sorgt dafür, dass ein Leben wird, wie es wird?
(S. 11)

Jules Moreau erzählt hierin die Geschichte seines Lebens mit all seinen Höhen und Tiefen und den Erkenntnissen, die er daraus zieht. Angefangen bei seiner Kindheit, seinen Eltern und dem schrecklichen Unfall, bei dem sie zu Tode kommen. Jules erzählt, was dieser Schicksalsschlag mit ihm und seinen beiden Geschwistern Marty und Liz angerichtet hat ...
 

Jules ist ein Träumer, leidenschaftlicher Koch und fotografiert gerne. Aber vor allem - und das ist seine größte Leidenschaft - schreibt er unheimlich gerne (und gut). Die Einsamkeit und das Alleinsein spielt in seinem Leben seit dem Tod der Eltern eine sehr große Rolle. Auch Alva, ein Mädchen mit roten Haaren, das er ›danach‹ in der Schule kennenlernt, nimmt Raum in Jules Leben und Gedankenwelt ein. Mit Alva entwickelt sich eine der schönsten, aber auch tragischsten Liebesgeschichten, die ich jemals gelesen habe ...

Zu Hause erwartete mich Stille, ein mir seit Jahren vertrautes Geräusch. Doch wie sehr war mir diese Einsiedlerexistenz inzwischen zuwider, diese Unfähigkeit, am Leben teilzunehmen. Immer nur geträumt, nie wirklich wach gewesen. Sieh dich an, dachte ich, was sehnst du dich in Gesellschaft so oft danach, allein zu sein, wenn du das Alleinsein kaum noch aushältst?
(S. 162/163)

Sich mit der Endlichkeit des Lebens auseinandersetzen, das ist es, was Jules in seinem Leben tun muss. Erkenntnisse, wie dass im Leben nicht immer alles gerecht abläuft oder dass man sein eigenes Dasein/seine Gedanken und Handlungen selbst in der Hand hat, sprich, dass man selber dafür verantwortlich ist, was für ein Leben man führen möchte, sind ebenfalls Dinge, die Jules im Laufe der Zeit zu verstehen beginnt und annimmt.
Jules hat wirklich kein leichtes Leben gehabt, umso interessanter fand ich seine Entwicklung, die durch seine Erzählungen der Vergangenheit gut zu verfolgen war. Er macht sich oft Gedanken über die Zeit, Erinnerungen und die Vergangenheit - das Buch hat für mich also sehr viele zum philosophieren einladende Fragen bereitgehalten, die das Ganze zu einem Lesegenuss der besonderen Art gemacht haben.

Das Leben ist kein Nullsummenspiel. Es schuldet einem nichts, und die Dinge passieren, wie sie passieren. Manchmal gerecht, so dass alles einen Sinn ergibt, manchmal so ungerecht, dass man an allem zweifelt.
(S. 299)

Ich mochte an dieser Geschichte einfach alles: die Sprache, die Protagonisten, den Verlauf, die Tiefgründigkeit, die Tragik und vor allem wie all das enorm bewegende Gefühle in mir hervorrufen konnte.
Wer Bücher mit Tiefgang mag und einer flüssig-fesselnden Geschichte mit viel Liebe und Tragik nicht widerstehen kann, sollte UNBEDINGT zu »Vom Ende der Einsamkeit« greifen. Ich war und bin nach wie vor ziemlich ergriffen davon!


Persönliche Bewertung
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Weitere Buchzitate
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~ Dass ich auf einem Planeten war, der mit unglaublicher Geschwindigkeit durchs All schoss, kam mir 
ebenso erschreckend vor wie der neue, verstörende Gedanke, dass es unvermeidlich war zu sterben. ~
(S. 55)

~ »Manchmal glaube ich, es gibt Menschen, die wissen gar nicht, dass sie sterben müssen.« ~
(S. 99)

~ Eine schwierige Kindheit ist wie ein unsichtbarer Feind, dachte ich. Man weiß nie, wann er zuschlagen wird. ~ 
(S. 136)

»Du bist nicht schuld an deiner Kindheit und am Tod unserer Eltern. Aber du bist schuld daran, was 
diese Dinge mit dir machen. Du allein trägst die Verantwortung für dich und dein Leben. Und wenn du 
nur tust, was du immer getan hast, wirst du auch nur bekommen, was du immer bekommen hast.« ~ 
(S. 185)

~ »Ich mein, wenn man sein ganzes Leben in die falsche Richtung läuft, kann's dann trotzdem das Richtige sein?« ~
(S. 190)

~ »Man kommt auf die Welt und wird geprägt von seiner Umwelt, den Eltern, von Schicksalsschlägen, Bildung 
und zufälligen Erfahrungen. Irgendwann sagt man dann wie selbstverständlich: ›Ich bin so und so‹, meint 
damit aber nur seine Oberfläche, sein erstes Ich. Um sein wahres Ich zu finden, ist es notwendig, alles in Frage 
zu stellen, was man bei der Geburt vorgefunden hat. Manches davon auch zu verlieren, denn oft lernt man 
nur im Schmerz, was wirklich zu einem gehört ... Es sind die Brüche, in denen man sich erkennt.« ~
(S. 276)

~ Was, wenn es die Zeit nicht gibt? Wenn alles, was man erlebt, ewig ist und wenn 
nicht die Zeit an einem vorübergeht, sondern nur man selbst an dem Erlebten? ~ 
(S. 327)





Der Autor
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Foto: Wolfram Steinberg/dpa

Benedict Wells wurde 1984 in München geboren. Im Alter von sechs Jahren begann seine Reise durch drei bayerische Internate. Nach dem Abitur 2003 zog er nach Berlin. Dort entschied er sich gegen ein Studium und widmete sich dem Schreiben. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mit diversen Nebenjobs. Sein vielbeachtetes Debüt ›Becks letzter Sommer‹ erschien 2008, wurde mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet und 2015 fürs Kino verfilmt. Wie bereits sein dritter Roman ›Fast genial‹ steht auch sein soeben erschienener Roman ›Vom Ende der Einsamkeit‹ auf den Bestsellerlisten. Wells wurde dafür mit dem European Union Prize for Literature (EUPL) 2016 ausgezeichnet. Er lebt in Berlin.

-) Ein Video-Interview mit Benedict Wells könnt ihr euch hier ansehen. 
-) Ein kurzes schriftliches Interview mit dem Autor findet ihr hier.
-) Und hier geht's noch zum Facebook-Profil des Autors.




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9 Kommentare:

  1. Liebe Janine,
    eine sehr schöne Rezension, die mir aus dem Herzen spricht!

    liebe Grüße, Tina

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  2. Hallo Janine

    Deine Besprechung geht unter die Haut. Das Buch scheint sehr tiefgründig und traurig zu sein.

    Liebe Grüße, Gisela

    PS: Ich habe es nicht vergessen ein Foto von meinen spirituellen Büchern zu machen. Ich muss mich noch aufraffen, alle Bücher aus meiner "RIESEN" Büchersammlung durchzustöbern.

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    1. Oh ja, das ist es, Gisela! Es würde dir bestimmt auch ziemlich gefallen.
      Kein Problem, stress dich nicht, ich bin ein geduldiger Mensch. ;)

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  3. Schöne Rezension und auch so schöne Zitate. Einige habe ich auch rausgesucht, aber man könnte ja fast das ganze Buch zitieren, so gut, wie es geschrieben ist :-)
    LG Lisi

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  4. Hab das Buch bei WLD ergattern und heute von der Post abholen können. Als ich es bei WLD sah, musste ich sofort an deine Besprechung denken und wusste noch, dass du dieses Buch sehr mochtest. Ich hoffe, ich komme alsbald zum Lesen, wobei derzeit eher Nachwuchsartikel durchstöbert werden. ;)

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    1. Meine liebe Jane! :)

      Freut mich so für dich, dass du dir das Buch bei WLD schnappen konntest! Ist es schon angekommen? Falls ich deine Rezension dazu verpassen sollte, gib mir ruhig Bescheid. ;)

      Ich hatte bei dieser Prämienrunde diesmal wenig Glück, weil ich nicht mehr so oft online bin, wie früher ... Ich habe mir nur "Altes Land" (das bis heute noch nicht da ist) ergattern können, für alle anderen Bücher war ich leider zu langsam. Derweil hätte ich so gerne "Das geheime Leben der Bäume" gehabt! :-((

      Alles Liebe!

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    2. Es ist bereits angekommen, aber noch lese ich derzeit Rezensionsexemplare, sodass es ein wenig warten muss. Bis Ende des Jahres - was ja nicht mehr so lang ist -, möchte ich es jedoch auf alle Fälle gelesen haben. So lange bleibt es in der Verpackung, damit es keinen Staub ansetzt.

      Ich habe das Buch durch Zufall gesehen, weil ich eine Rezension eingestellt habe. Von den anderen Büchern habe ich - wie bereits beim letzten Mal - nichts mitbekommen. Aber wahrscheinlich war da sowieso nichts von meiner Wunschliste dabei und das sind die einzigen Bücher, die ich derzeit haben wollen würde.
      Hast du nicht bei der letzten Runde ordentlich abgesahnt? Mir ist das mit den Prämienrunden eh zu blöd. Erstens bin ich nicht so oft online. Zweitens fänd ich es besser, wenn sie einfach jede Woche ein neues Buch einstellen würden. Wer dann das Glück hat, eins zu bekommen, dem gratulier ich. Irgendwann sollten die ganzen Punkte dann jedoch von denen auch mal aufgebraucht sein und andere haben die Chance, ein Buch zu ergattern.

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    3. Ja, bei der letzten Runde habe ich, glaube ich, 2-3 Bücher abgesahnt. Ich hatte auch sehr viele Punkte und war oft online (krankheitsbedingt), weswegen ich zu der Zeit fast jede Prämie mitbekommen habe und auch dann natürlich auch einlösen konnte. Diesmal war das halt anders. Da ist mir dann nur mehr »Altes Land« geblieben (das gestern auch endlich angekommen ist) - obwohl ich mich auf das nun auch schon sehr freue, muss ich sagen. Dennoch hätte mich das Baum-Buch mehr gereizt.

      Ich bin auch der Ansicht, dass dieses Prämiensystem - wie vieles anderes auf WLD genauso! - hochgradig verbesserungswürdig ist. Es gibt viele unzufriedene Stimmen und es macht einfach weniger Spaß, sich auf der Seite aufzuhalten - schon beginnend durch einige User, die in den Foren echt ungut sind - und ich finde, dass sich nach all der Zeit nicht viel auf WLD getan hat. Die Seite scheint mir eine ewige Baustelle zu sein. Ständig funktioniert irgendetwas nicht. Das nervt gewaltig. Das mit dem doofen Prämiensystem ist für mich nur das i-Tüpfelchen. Ich fände es gut, wenn sie es so machen würden wie bei der Lesejury, aber aus irgendwelchen Gründen geht das nicht oder darf das nicht sein. Ich verstehe es nicht. Und anscheinend wird auch nicht aktiv und schnell nach einer Lösung gesucht oder Veränderungen in die Wege geleitet.

      Naja ... jetzt habe ich mich schön ausgekotzt über WLD - eigentlich wollte ich das nicht, aber das muss auch mal raus - mein Frust über diese Seite, die ich anfangs so gerne mochte.

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