Dienstag, 29. September 2015

[Rezension] Bis ans Ende der Geschichte | Jodi Picoult


» Seiten: 554
» Verlag: C. Bertelsmann
» Ersterscheinung: 31. August 2015
» ISBN: 9783570102176
» Format: Hardcover mit Schutzumschlag
» Preis: [A] 20,60 €  |  [D] 19,99 €
» Originaltitel: The Storyteller
» Genre: Roman

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Mein Lesezeitraum: 23. - 28. September 2015



Wichtige Information:

http://influenza-bookosa.de/bis-ans-ende-der-geschichte-jodi-picoult/





Worum Geht's? 
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Sage Singer liebt ihre Arbeit als Bäckerin in der kleinen Bäckerei Our Daily Bread. Auf eine gewisse Weise liebt sie auch ihren Freund Adam. Der ist jedoch verheiratet ... Und dann gibt es da noch einen Autounfall (an dem Sages Mutter gestorben ist), der sie nach all den Jahren immer noch belastet, weil Sage sich die Schuld dafür gibt. Aus diesem Grund nimmt sie an einer Trauergruppe teil. In dieser Gruppe lernt sie den 95-jährigen Josef Weber kennen, den sie schon sehr bald als guten Freund betrachtet. Aus der Sicherheit dieses Status' heraus, vertraut Josef Sage ein jahrelang gehütetes Geheimnis aus seiner scheinbar gar nicht so rosigen Vergangenheit an. Josefs Geheimnis mit einer darauf folgenden Bitte, stürzt Sage in einen großen Gewissenskonflikt ...
 

Der Erste Satz
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Mein Vater wurde nicht müde, mir die Wünsche für seine eigene Beerdigungszeremonie zu schildern.
 
 
Meine  Meinung
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Aufwühlende Thematik: Holocaust
 
Ja, Jodi Picoult hat es wieder getan: einen Roman geschrieben, der wegen seiner brisanten Thematik aufwühlt und sehr nachdenklich stimmt. 
Es geht darin um die Judenverfolgung in der Zeit des zweiten Weltkriegs und um die Tatsache, Macht über jemandes Leben und Sterben zu haben. Rache und Zorn werden hier ebenso thematisiert, wie Mitleid und Vergebung ...
 
"Gute Menschen und schlechte Menschen. Als wäre das so einfach. Jeder ist beides zugleich."
(S. 56)

Sage ist eine Protagonistin, für die ich bis zum Schluss, obwohl sie eine nennenswerte Entwicklung durchgemacht hat, keine Sympathie entwickelt habe. Ihre anfängliche Lebensführung (die Beziehung zu einem verheirateten Mann und ihr sich-vor-der-Welt-Verstecken, bedingt durch ihr geringes Selbstwertgefühl, weil sie meint, im Gesicht entstellt zu sein) und ganz allgemein ihre emotionslose Art, haben sie nicht zu meinem Lieblingscharakter gemacht.
Und warum ist sie mir dann im Laufe der Geschichte, trotz enormer Wandlung, nicht sympathischer geworden? - Weil diese Entwicklung viel zu schnell vonstatten gegangen ist und somit ziemlich unglaubwürdig war. Man kann nicht innerhalb kürzester Zeit selbstbewusst werden, aus sich herausgehen und sich attraktiv und schön finden, wenn dies vor kurzem noch überhaupt nicht so war. Eine derartige Umstellung passiert in meinen Augen eher schleichend und nicht so plötzlich wie es bei Sage der Fall war. Das ging mir wahrlich zu schnell.
Und rachedurstige und lügende Menschen konnte ich noch nie besonders gut leiden. Sages letzte Handlungen haben sich für mich eben sehr rachedurstig gelesen, was ich absolut abstoßend fand ...
 
"Machen Sie es sich nicht ein bisschen einfach, wenn Sie sagen, Sie hätten das Schreckliche
getan, weil jemand Sie dazu anstiftete?", wende ich ein. "Das ändert doch nichts daran,
dass es falsch war. Egal, wie viele Menschen einem sagen, dass man von einer Brücke
springen soll, man hat doch immer noch die Option, sich umzudrehen und wegzugehen."
(S. 153)
 
Dann gibt es hier auch noch den 95-jährigen Josef, der einer der Hauptcharaktere war. Was ich von diesem Mann halten soll, weiß ich bis jetzt nicht ... Seine Erzählungen/Beichten über seine Vergangenheit als SS-Mann im KZ Auschwitz waren für mich alles andere als leichte Kost. Die Gräueltaten, die er und die anderen Soldaten begangen haben, klingen heftig und gefühllos und als seine Erzählung davon beendet war, musste ich erst mal ganz tief durchatmen.
 
Ebenso sehr mitgenommen hat mich Minkas (Großmutter von Sage) Geschichte. Minka hat im Ghetto gelebt und wurde anschließend in Todeslager nach Auschwitz gebracht. Und was sie darüber alles zu berichten hat, ist zutiefst berührend, aufwühlend und hat mich wahnsinnig traurig gestimmt. Diese 200 Seiten über Minkas Vergangenheit fand ich am besten an dem ganzen Buch!
 
"Sie können mir mein Zuhause wegnehmen", sagte er. "Und mein Geld und meine Frau und mein
Kind. Sie können mir meine Lebensgrundlage und mein Essen wegnehmen und" - hier setzte
seine Stimme aus - "meinen Enkelsohn. Aber meine Träume können sie mir nicht nehmen."
(S. 330)
 
Ganz allgemein kann ich sagen, dass es mir hier aber einfach zu viele verschiedene Erzählstränge gegeben hat. Ich fand den ständigen Perspektivenwechsel ermüdend und deswegen ist es mir auch so schwergefallen, mich ordentlich in die Charaktere hineinzuversetzen bzw. sie zu verstehen. Den Mittelteil des Buches mit Minka, in dem auf 200 Seiten kein Wechsel stattgefunden hat, fand ich deshalb am mitreißendsten.
 
Ich fand das Buch wirklich nicht schlecht, aber umgehauen (wie beispielsweise Neunzehn Minuten) hat es mich leider auch nicht.
Lesenswert sind in meinen Augen hier vor allem die Passagen über den Holocaust und Josefs grauenvolle Beschreibungen über seine Arbeit als SS-Mann, da dies bei mir die aufwühlendsten Gefühle hervorgerufen hat.


Persönliche Bewertung
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Weitere Buchzitate
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"Achte nicht auf ihn. Er ist ein kleiner Mann, der einen großen Schatten wirft." ~ (S. 9/10)

 Später, als ich sie näher kannte, wurde mir klar, dass sie beim Gärtnern niemals den Samen im Blick hat. Sie stellt sich
bereits die Pflanze vor, die daraus erwachsen wird. Und ich nehme an, dass sie das Gleiche dachte, als sie mich traf. ~ (S. 23)

Nicht die Jahre deines Lebens zählen, sondern das Leben in deinen Jahren zählt. ~ (S. 24)

"Vor langer Zeit hat mir mal jemand gesagt, eine Geschichte werde sich von selbst erzählen, wenn sie bereit dazu ist." ~ (S. 56)

 "Wenn du nicht weißt, woher du kommst, wie willst du dann jemals herausfinden, wohin dein Weg dich führt?" ~ (S. 122)

Wenn man die gleiche Handlung ständig wiederholt, fühlt sie sich schließlich richtig an.
Und man empfindet am Ende nicht mal mehr Schuld. ~ (S. 149/150)

Man kann anderen nicht zu essen geben, wenn man selbst immer hungrig ist. ~ (S. 151)

 "Wenn du die Hölle durchlebst, muss der Tod himmlisch sein." ~ (S. 154)

"Man kann zwar über die Stärke, etwas Schlimmes zu tun, verfügen,
doch es geht darum, sich dagegen zu entscheiden." ~ (S. 182)

Um zu überleben, musste man Opfer bringen. ~ (S. 276)

 "Je öfter man dieselbe Handlung wiederholt, egal, wie verwerflich sie ist,
desto eher findet man dafür für sich eine Entschuldigung." ~ (S. 393)

Ich glaube nicht an Gott. Aber als ich hier sitze, in diesem Raum voller Menschen, die das anders empfinden,
wird mir klar, dass ich an Menschen glaube. An ihre Kraft, einander zu helfen und trotz allem weiterzumachen.
Ich glaube, dass das Außergewöhnliche jeden Tag über das Gewöhnliche triumphiert. Ich glaube, wenn man
Hoffnung hat - und sei es nur die auf ein besseres Morgen -, ist dies die mächtigste Droge auf diesem Planeten. ~ (S. 447)

Eine Familie zu haben, bedeutet, dass man nie allein ist. ~ (S. 496)

 "Was er getan hat, war falsch. Er hat deine Liebe nicht verdient. Aber er verdient es, dass du ihm 
vergibst, weil er ansonsten wie Unkraut in deinem Herzen wachsen wird, bis es erstickt und davon
überzogen ist. Die Einzige, die leidet, wenn du diesen ganzen Hass hortest, bist du." ~ (S. 543)

Vergebung ist nichts, was man für einen anderen tut. Man tut es für sich selbst. ~ (S. 544)



Die Autorin
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© Adam Bouska
 
Jodi Picoult, geboren 1967 in New York, studierte in Princeton und Harvard. Seit 1992 schrieb sie mehr als zwanzig Romane, von denen viele Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste waren. Die Autorin wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, wie etwa 2003 mit dem renommierten New England Book Award. Picoult lebt mit ihrem Mann, drei Kindern und zahlreichen Tieren in Hanover, New Hampshire.
 
 
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 Hier plaudert Jodi Picoult ein bisschen über ihr Buch Bis ans Ende der Geschichte:




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Weitere Bücher der Autorin
· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
2003
2008
2011
2002






... uvm.











Ein dickes Dankeschön an C. Bertelsmann für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! ☺

 

5 Kommentare:

  1. Huhu Janine,
    meine Rezi ging auch heute online. Wir waren uns ja schon bei der Leserunde ziemlich einige ;) Bei mir hat das Buch jetzt auch 4 Sterne bekommen...habe aber noch das Wort "schwache" vier Sterne hinzugefügt ;)
    Interessnates Intierview! da bin ich ja shcon auf das nächste Buch gespannt: Elefanten....hm....welche Themen Jodie Picoult immer aufgreift....!
    Liebe Grüße
    Martina

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  2. Hallo Janine,

    mir hat die Passage von Minka auch am allerbesten gefallen. Das hat mich auch richtig mitgerissen...
    Ansonsten kann ich deine Kritikpunkte sehr gut verstehen, auch wenn mich das nicht ganz so sehr gestört hat. Ich habe dem Buch trotzdem 5 Sterne gegeben, weil es mich alles in allem total überzeugt hat. Das Thema Holocaust ist aber wirklich absolut keine leichte Kost...

    Liebe Grüße!
    Carina

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    Antworten
    1. Hallo Carina,
      würde ich nur den Mittelteil bewerten, dann hätte das Buch von mir auch die volle Sternezahl erhalten, aber das Drumherum hat mich einfach nicht vollständig begeistert. Der ofte Wechsel der Erzählperspektive war für mich nicht gerade optimal und es hat mich auch gestört, dass ich so lange nicht verstanden habe, was die Geschichte, die kursiv geschrieben war, sein sollte ...
      Aber ich mochte an dem Buch gerade das schwierige Thema. Die Ehrlichkeit und die pure, nichts beschönigende Wahrheit über den Holocaust hat die Autorin super vermitteln können.
      Alles Liebe ♥

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  3. Hallo liebe Janine,

    Minka hat mir auch am besten gefallen und ich kann deine Kritikpunkte gut nachvollziehen.

    Und vielen Dank für die Verlinkung!

    Liebe Grüße
    Kate

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