Mittwoch, 5. August 2015

[Rezension] German Angst | Friedrich Ani

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» Seiten: 557
» Verlag: Droemer Knaur
» Ersterscheinung: 2000
» ISBN: 9783426620540
» Format: Taschenbuch
» Preis: [A] 10,30 €  |  [D] 9,99 €
» Genre: Kriminalroman
» Wissenswertes: Buch # 2 der Tabor Süden - Reihe

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Mein Lesezeitraum: 29. Juli - 5. August 2015




Worum Geht's? 
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Die 14-jährige (dunkelhäutige) Lucy Arano ist außer Rand und Band. Christoph Arano, ein seit über 30 Jahren in Deutschland lebender Nigerianer, hat seine Tochter nicht (mehr) im Griff. Lucy ist hochgradig gewalttätig und kriminell, ein Mädchen eben, vor dem man zittert, weil sie ein unberechenbares Verhalten an den Tag legt.

Eine rechtsradikale Gruppe möchte dabei nicht länger zusehen und plant eine erzwungene Abschiebung von Vater und Tochter, die ja in ihren Augen Ausländer sind und sich das Recht, in Deutschland leben zu dürfen, verwirkt haben. Also entführt die Aktion D, wie sich die Gruppe nennt, Natalia Horn, die deutsche Verlobte von Christoph Arano und erpresst die Behörden mit der Forderung, die beiden unverzüglich auszuweisen, andernfalls wird Natalia Horn getötet ...


Der Erste Satz
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Etwas an ihm beunruhigte sie, und je länger er blieb und redete, desto nervöser wurde sie.


Meine  Meinung
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Entführung, Erpressung und Abschiebung - spannender Krimi-Lesestoff!

German Angst ist der zweite Band mit Tabor Süden und gleichzeitig schon mein achtes Buch von Friedrich Ani. Hier ist Süden zwar nicht unbedingt in der Hauptrolle, aber er nimmt dennoch einen wichtigen Part ein.
Erzählt wird das Ganze aus einer alles überblickenden Sicht. - Manchmal finde ich so etwas nicht besonders gut, da ich mich in so einem Fall in keinen Buchcharakter richtig einfühlen kann, hier hat es mich aber überhaupt nicht gestört, da die Handlung die meiste Zeit sowieso ziemlich fesselnd und spannend war. Auch die Gespräche, die direkten Reden und die erzählenden Phasen haben sich für mein Gefühl immer optimal abgewechselt, sodass mir eines davon nie zu viel geworden ist.
Hinzu kommt Anis ganz eigener Schreibstil, der absoluten Wiedererkennungswert hat und den ich mittlerweile so sehr liebe. Ani schreibt direkt, manchmal in sehr kurzen, dann wieder in sehr langen Sätzen, manchmal findet sich auch die eine oder andere interessante Wortschöpfung im Text, aber vor allem sind es die Protagonisten, die Ani so reden lässt, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.

»Jetzt mandelnS Eahna net so, Sie Polyp. Ich war net in dem Taxi
und basta. Ich war den ganzen Tag hier, fragenS mei Oide, die
bestätigt Eahna des. San Sie net ganz sauba? I fahr niemand
zamm, i kann nämlich Auto fahren, und Kinder fahr i schon von
Haus aus net zamm. Kapiert? Alles klar? Und wiederschaun.«

(S. 75) 

Tabor Süden ist wie immer der einsiedlerisch lebende, komische Kauz, der nach seinen ganz persönlichen Methoden ermittelt - ganz egal, was seine Kollegen oder Vorgesetzten dazu sagen. Ich hatte das Gefühl, dass Süden sich mit Lucy identifizieren konnte, dass er ihr deswegen enormes Verständnis entgegen gebracht und ihr helfen wollte, weil er selbst genau wusste, was es für Schmerzen hervorruft, seine Mutter in der Kindheit zu verlieren. 

Hin und wieder musste ich wegen Tabor Südens typisch eigenartigem Verhalten wirklich schmunzeln. So hat er zum Beispiel Lucy einmal brüllend eine Standpauke gehalten und währenddessen (um sie nicht zu verletzen, wie er sagt) ist er einen Schritt zur Seite gegangen, um auf die Wand schauend weiterzubrüllen, bis er geendigt hat. - Oder: Lucy zeigt Süden in einer anderen Szene die Zunge und er packt diese dann einfach ganz flink und hält sie eine Weile zwischen seinen Fingern fest. - Man kann sich denken, wie perplex das Mädchen jedes Mal war, wenn Süden derart unerwartete Dinge getan hat. ;) 

Wegen der Entführung Natalia Horns und der Forderung, die damit verbunden ist, gibt es natürlich einen enormen Medienrummel, Pressekonferenzen, Interviews, auch eine wirklich lästige Reporterin - und das Feeling, das dadurch beim Lesen bei mir entstanden ist, hat mich an richtig gute Filme erinnert. Ich finde ja, dass dieses Buch eine Verfilmung wert ist! 

Als Leser kann man sich mit dieser Lektüre, wenn man sich über die Daseinsberechtigung von Ausländern noch nie tiefergehende Gedanken gemacht hat, eine Meinung bilden und sich vor allem ein Bild davon machen, wie vorurteilbehaftet die Gesellschaft leider Gottes (immer wieder, oder immer noch?) ist, wenn es um Nichteinheimische geht, vor allem, wenn diese auch noch dunkelhäutig sind.

»Wir sind eben so, wir träumen von der Überwindung aller
 Grenzen und errichten gleichzeitig ständig neue Grenzen.«
(S. 259) 

Dieser Krimi ist, obwohl bereits 2000 erstmals erschienen, thematisch immer noch hochaktuell und deswegen absolut lesenswert. In meinen Augen ist es nicht von Nöten Teil eins der Reihe zu kennen, da auch kaum (für den aktuellen Fall) wichtige Bezüge hergestellt werden.
Über interessante Thematiken lässt sich natürlich streiten, aber Spannung ist hier dennoch in jedem Fall garantiert und mit Tabor Süden hat man in diesem Buch einen Protagonisten, den man so schnell nicht wieder vergisst. 


Persönliche Bewertung
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Weitere Buchzitate
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~ »Wenn du keinen Respekt von den anderen kriegst, hast du verloren.« ~ (S. 177)

 ~ »Sie wollen mich kaputtmachen. Aber das schaffen Sie nicht.
Das schafft niemand. Das schaff nur ich selber.« ~ (S. 198)

 ~ »Irgendwann sollte man sein Leben einigermaßen auf die Reihe kriegen und nicht
andere ewig dafür büßen lassen, dass man nicht klarkommt mit sich.« ~ (S. 216) 

~ »Alles wie immer«, sagte Sonja. »Lauter Nachbarn, die alles wissen und nichts sehen.« ~ (S. 228)

 ~ »Intellektuelle sind freundlich zum Fremden, nicht um des Fremden willen, sondern weil
sie grimmig sind gegen das Unsere und alles grüßen, was es zerstört.« (Botho Strauß) ~ (S. 299)


Der Autor 
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Foto: Anita Schiffer-Fuchs

Friedrich Ani wurde 1959 in Kochel am See geboren. Er schreibt Romane, Kinderbücher, Gedichte, Hörspiele, Drehbücher und Kurzgeschichten. Seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, so u.a. mit dem Tukan-Preis für das beste Buch des Jahres der Stadt München. Als bisher einziger Autor erhielt Ani den Deutschen Krimi Preis in einem Jahr für drei Süden-Titel gleichzeitig. 2010 folgte der Adolf-Grimme-Preis für das Drehbuch nach seinem Roman Süden und der Luftgitarrist. 2011 wurde der Roman Süden mit dem Deutschen Krimi Preis 2011 ausgezeichnet; 2014 erhielt sein Roman M, der wochenlang auf der KrimiZEIT-Bestenliste stand, den begehrten Preis. Friedrich Ani lebt in München.

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Weitere Bücher des Autors
· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
1997
2000
2002
2014
 








   ... u.v.m.







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5 Sterne: Ellen Dunne



2 Kommentare:

  1. Hey Janine,

    thematisch spricht mich das Buch richtig an!

    Sag mal wo kommt der Mensch her, der das Zitat auf Seite 75 sagt? Das könnte ja glatt einer meiner Nachbarn sein :D
    Aber bei dem kurzen Ausschnitt kann es wahrscheinlich auch nen Oberbayer sein.

    Wenn du sagst, man kann es auch sehr gut ohne den Vorgänger verstehen, werde ich mir das Buch mal als Einstieg in die Reihe merken. Irgendwann möchte ich sie schon gern mal testen.

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    1. Julia, ich habe mich schon auf deinen Kommentar gefreut! Beim Lesen habe ich mir nämlich immer wieder gedacht, dass das auf alle Fälle auch etwas für dich ist. ;)
      Also der Typ, der so spricht, ist aus Bayern, so viel steht fest, ich glaube aus München, bin mir jetzt aber nicht ganz sicher.
      Absolut, bei den anderen Süden-Büchern ist es "wichtiger" die Vorbücher zu kennen, finde ich, aber da hier Süden nicht die Hauptrolle einnimmt, ist das überhaupt kein Problem, hätte ich nicht gewusst, dass es der zweite Teil der Reihe ist, ich hätte als Leser, ehrlich gesagt, auch kaum etwas davon gemerkt, dass das Buch aus einer Reihe ist. :)

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