Dienstag, 11. August 2015

[Rezension] Der namenlose Tag | Friedrich Ani


» Seiten: 299
» Verlag: Suhrkamp
» Ersterscheinung: 8. August 2015
» ISBN: 9783518424872
» Format: Hardcover mit Schutzumschlag
» Preis: [A] 20,60 €  |  [D] 19,95 €
» Genre: Kriminalroman
» Wissenswertes: Band # 1 der Jakob Franck - Reihe

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Reinlesen?Leseprobe

Mein Lesezeitraum: 5. - 9. August 2015




Worum Geht's? 
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Der seit zwei Monaten pensionierte Kriminalhauptkommissar Jakob Franck kommt einfach nicht zur Ruhe, seine Arbeit lässt ihn nicht los. Genau deshalb sagt er Ludwig Winther auch zu, als dieser ihn bittet, den bereits 20 Jahre zurückliegenden Todesfall (einem offiziell bekannten Selbstmord durch Erhängen) seiner Tochter Esther noch einmal aufs Neue nachzugehen. Winther hegt nämlich nach all der Zeit immer noch Zweifel an der Selbsttötung seiner Tochter. Für ihn ist die Sache klar: Esther wurde in den Selbstmord getrieben ...


Der Erste Satz
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Andauernd rief eine Frau meinen Namen, aber ich war nicht gemeint.


Meine  Meinung
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Ein Verbrechen an der Wahrheit 

Der Inhalt dieses Kriminalromans ist so melancholisch, freud- und farblos, wie sein Cover. In Anis Büchern herrscht zwar immer eine gewisse Melancholie und Schwere, aber in diesem Exemplar ist ja so gut wie jede Aussage einfach nur trist und negativ beschwerlich geprägt. Das war auch der Grund, warum mir das Abtauchen in die Geschichte keine wirkliche Freude bereitet hat. Hie und da mal ein sarkastischer Gedanke hätte dem Ganzen sicher nicht geschadet, ganz im Gegenteil: das wäre bestimmt eine Auflockerung gewesen und hätte vielleicht ein wenig mehr Lesevergnügen beschert, aber so ganz ohne Positivität hat sich die Begeisterung bei mir eher in Grenzen gehalten.

»Mein Leben war kaputt, und wenn das Leben kaputt ist, geht man selber auch kaputt.«
(S. 20) 

Was soll ich zu den Charakteren sagen? Der pensionierte Kommissar Jakob Franck ist ein seit 20 Jahren allein lebender, geschiedener, schweigsamer Mann, der, so hatte ich das Gefühl, den ganzen Tag damit beschäftigt ist, seine Gedanken zu ordnen und nachzudenken. Für mich war Franck weder besonders sympathisch, noch unsympathisch. Eher langweilig. Ja, langweilig trifft es ganz gut. Ein ganz und gar farbloser Typ, der scheinbar aber auch nicht davor zurückschreckt, eine Frau, der er eine Todesnachricht überbringen musste, für mehrere Stunden fast reglos zu umarmen. Dieses Verhalten war aber leider auch das einzige, das halbwegs interessant an ihm war.
Gar nicht verstanden habe ich Ludwig Winther. - Warum kommt er erst ganze 20 Jahre später drauf, den Selbstmord seiner Tochter neu aufrollen lassen zu wollen? Eine Erklärung dafür konnte ich bis zum Schluss nicht herauslesen. 

In diesem Buch wurde mir allgemein viel zu viel geschwiegen. Es wurde zu viel verschwiegen, was schon vor Jahren hätte gesagt werden sollen und den Protagonisten evtl. Erleichterung verschafft hätte. Aber da sieht man mal wieder, was dieses Nichtreden über schwierige Dinge/Situationen bewirken kann: Depressivität, Passivität, Misstrauen und Griesgrämigkeit. Vor allem aber lässt das Schweigen sehr viel Raum für Fantasie und andere Hirngespinste offen.

Manche Menschen wollen nicht erkannt werden; wir sitzen ihnen gegenüber und
glauben sie zu kennen, aber wir sehen nur das, was sie anhaben, und hören nur
das, was sie sagen, wir haben keine Ahnung, wie sie nackt aussehen oder ob
sie weinen, wenn sie allein sind. Wir lassen uns nur allzu gern täuschen;
(S. 257/258) 

Mir ist es auch so vorgekommen, als würde in den Ermittlungen nichts weitergehen, weil keiner mit Franck offen, ehrlich und vollständig reden wollte oder konnte. - Das fand ich so anstrengend und teilweise richtig nervtötend.
Die Handlung war in meinen Augen also eher lahm - nicht zuletzt, weil diese sich hauptsächlich gedanklich oder in Gesprächen (mit Angehörigen der erhängten Esther) in irgendwelchen Cafés oder Restaurants abgespielt hat. 

Der namenlose Tag, mein neuntes Buch von Friedrich Ani, war eine kleine Enttäuschung für mich, da habe ich schon weitaus Rasanteres und vor allem Interessanteres vom Autor gelesen.
Ich frage mich jetzt natürlich auch, weil dieses Buch hier ja den Auftakt einer Reihe darstellen soll, ob Jakob Franck in weiterer Folge nun tatsächlich dauernd von jemandem kontaktiert wird, der möchte, dass er einen Fall für ihn löst bzw. ob der pensionierte Kommissar sich in Zukunft einfach in irgendwelche momentanen Ermittlungen einmischen wird?
Ich möchte der Reihe, obwohl ich meine Kritikpunkte zu diesem Buch schon als sehr groß empfinde, trotzdem eine Chance geben, denn von Ani bin ich normalerweise wirklich Besseres gewohnt.


Persönliche Bewertung
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Weitere Buchzitate
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"Im letzten Jahr hatten wir in Deutschland pro Tag einen suizidierten Schüler, das ist doch Irrsinn. Und
rechne die versuchten Selbsttötungen dazu, dann kommst du auf Zahlen, die niemand wissen will." ~ (S. 49)

 "Stell dir vor, du kriegst das nicht mit, wenn deine Tochter, meist sind's ja Mädchen, die sich
was antun, plötzlich abdriftet und nur noch so tut, als wär sie am Tisch anwesend. Und dann
nimmt sie Tabletten oder springt von einer Brücke oder erhängt sich, und dann klingelt ein
Polizist bei dir und fragt dich, warum du die Anzeichen nicht erkannt hast." ~ (S. 49)

 Sie wusste, dass der Besucher ein Kommissar von der Kriminalpolizei
war; und wenn so einer kam, dann kam der Tod gleich mit. ~ (S. 53) 

Der Tod steht heute vor mir
wie das Genesen eines Kranken,
wie wenn man ins Freie tritt nach einem Leiden.
Der Tod steht heute vor mir
wie der Duft von Weihrauch,
wie Sitzen unter dem Segel am Tag des Windes.
Der Tod steht heute vor mir
wie der Duft von Lotosblumen,
wie Wohnen am Rand der Trunkenheit.
Der Tod steht heute vor mir
wie das Aufhören des Regens,
wie die Heimkehr eines Mannes vom Feldzug nach Hause.
Der Tod steht heute vor mir
wie die Klarheit des Himmels,
wie wenn ein Mensch die Lösung eines Rätsels findet.
Der Tod steht heute vor mir,
wie der Wunsch eines Menschen, sein Heim wiederzusehen,
nachdem er viele Jahre in Gefangenschaft verbrachte.
 
~ (S. 160/161)


Der Autor 
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© Tibor Bozi

Friedrich Ani, geboren 1959, lebt in München. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele und Drehbücher. Sein Werk wurde mehrfach übersetzt und vielfach prämiert, u.a. mit dem Deutschen Krimipreis, dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis. Seine Romane um den Vermisstenfahnder Tabor Süden machten ihn zu einem der bekanntesten deutschsprachigen Kriminalschriftsteller. Friedrich Ani ist Mitglied des Internationalen PEN-Clubs.

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Interview mit dem Autor
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Hier liest Friedrich Ani einen Abschnitt aus seinem aktuellen Buch vor:






Weitere Bücher des Autors
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1998
2000
2001
2001









... u.v.m.








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5 Kommentare:

  1. Dieses Cover *-* Oh Gott siehst du so kaufe ich Bücher^^ (Coverliebhaber)
    Super Rezi - das Buch hat mich auf jeden Fall angesprochen (zumindest auf den ersten Blick) und dann kam deine Rezi und ich dachte mir so joaaaa die Gute hat Geschmack und wenn es dir schon nicht gefällt dann werde ich erst jetzt was dagegen haben.
    Liebste Grüße
    Janine :*

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    1. Ein bisschen trist ist das Cover ja schon, aber mit dem Rauch definitiv ein Hingucker, da hast du recht. - Ich kann dich verstehen, bin ja selbst auch so eine Coverkäuferin. ;-) Das muss ich echt versuchen zu ändern.^^
      Ich weiß auch nicht, was da los war - normalerweise bin ich schwer begeistert von Friedrich Anis Kriminalromanen. Ich liebe seine Art zu schreiben, aber hierbei war mir leider einfach fast nur langweilig. Mehr als 3 Sterne konnte ich echt nicht vergeben. Die Hoffnung, dass Band 2 fesselnder ist, gebe ich aber nicht auf, ich möchte die Fortsetzung trotzdem gerne lesen, wenn sie denn mal erscheint. :)
      Aber lass dich nicht gänzlich von meiner Rezension abschrecken, Janine, wenn dir die Buchbeschreibung zusagt und du ein gutes Gefühl dabei hast - du weißt ja: Geschmäcker sind verschieden. Was mir gefällt, muss jemand anderem noch lange nicht gefallen - und umgekehrt. ;)
      Alles Liebe ♥

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    2. Mal sehen ich wühle mich noch ein bisschen durch die Rezis :P Ich hoffe auf dass dir der 2teil besser gefällt :) Aber ich kenn das eigentlich total gut - ich hatte letzthin ein Buch einer Autorin, die ich total mag aber das letzte Buch hat mich einfach nicht mitgerissen - da tat mir die Bewertung schon fast weh, aber alles andere hätte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren können :(
      Alles Liebe
      Janine

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    3. Hach ja, da sprichst du was an. Was denkst du, wie sehr mir das weh und leid tut, wenn ich ein Buch meines Lieblingsautors mit "nur" 3 Sternen bewerten muss. Aber du kennst ja das Gefühl und weißt auch, dass es manchmal einfach nicht anders geht. Das käme einem Selbstbetrug gleich ...

      Alles Liebe ♥

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  2. Hallo (:
    Ich wollt fragen, ob ich für meine Rezension aus deiner zitieren darf? Natürlich mit Verlinkung!

    Liebst Nicole

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