[Rezension] Die Luft da oben | Pauline Keller

Mittwoch, 3. Februar 2016


» Seiten: 242
» Verlag: BoD
» Ersterscheinung: 22. April 2015
» ISBN: 9783735780621
» Format: Taschenbuch
» Preis: [A] 9,30 €  |  [D] 8,99 €
» Genre: Roman

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Mein Lesezeitraum: 31. Jän. - 3. Feb. 2016





Der Klappentext
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War es früher anders? Gab es eine Zeit, in der Lena dazugehörte? Eine Zeit, in der sie normal war, nicht auffiel? Eine Zeit, in der sie „hineinpasste“?

Lenas Geschichte packt: mit Eltern, die drücken, drängen und mit „den anderen“ vergleichen. Packt mit Verena, der besten Freundin - ... die keine Freundin ist, mit dem Schwager Manfred, einem Mister Oberwichtig, Pascha und spackig bis dorthinaus. Mit Christian, Lenas Freund, der für sie da ist, was auch passiert. Doch vor allem packt Lenas Größe, 1 Meter und 82 Zentimeter, die sich zwischen sie und andere Menschen zwängen. 1 Meter und 82 Zentimeter, die sie immer wieder aufs Neue verletzen.

Aufrichtig und mit schwarzem Humor erzählt Die Luft da oben von einer Außenseiterin. Es gelingt der Autorin, einen unsichtbaren Gegner sichtbar werden zu lassen - den mächtigsten Gegner, den ein junger Mensch haben kann: sich selbst.


Der Erste Satz
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Was bin ich dämlich!


Meine  Meinung
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„Na, wie ist heute die Luft da oben?“

Ziemlich dünn ist die Luft da oben, zumindest für Lena mit ihrer Körpergröße von 182 cm. Seit Lena denken kann und ihr bewusst ist, dass sie so eine Latte von Mensch ist, verurteilt sie sich und leidet unter diesem Umstand. Für mich persönlich ist die Verurteilung ihrer 1,82m erst mal unverständlich, da ich selbst gerne so groß wäre. Ich meine, ich bin auch nicht gerade klein, aber wenn man diese Maße hat, kann das durchaus auch seine Vorteile haben, so eine Größe kann man positiv nutzen. Lena aber konzentriert sich scheinbar nur auf das Negative ...

Als ich dann aber Lenas Familie und ihre Freundin (diese Bezeichnung hat sie echt nicht verdient) Verena kennengelernt habe, ist mir klar geworden, warum Lena kaum Selbstbewusstsein hat und sich selbst gedanklich immer wieder runterzieht.

Andere sind all das, was ich nicht bin! Andere sind froh, dankbar, 
tüchtig, sparsam, ordentlich, selbstständig und schlafen am Wochenende 
nicht bis ultimo. Von klein auf wurde das in mein Hirn eingemeißelt.
(S. 75)

Ihre Familie ist schrecklich, sie haben alle ständig irgendetwas an ihr auszusetzen und geben ihr trotz all ihrer Erfolge das Gefühl eine Versagerin zu sein. Nichts kann man ihnen recht machen. 
Ich an Lenas Stelle wäre schon auf und davon, denn ganz ehrlich: so eine Familie, die mir das Gefühl gibt, der letzte Dreck zu sein, brauche ich wirklich nicht!
Aber das schlimmste an der ganzen Sache ist ja, dass Lena durch all das, was sie gesagt bekommt, (unbewusst) sogar anfängt, sich selbst einzureden, dass sie versagen wird, dass sie nichts erreicht hat, dass sie nichts kann, ... und es dann natürlich auch zu glauben beginnt. Mit anderen Worten: Lena ist unglücklich, unsicher und weiß nicht, was sie will.

Für mich ist es heutzutage gar nicht mehr vorstellbar, wie eine Familie derart konservativ, überhaupt nicht einfühlsam, oberflächlich, nur auf schnellen Erfolg, viel Geld und Achtung bedacht sein kann. Wie kann es sein, dass tatsächlich noch Eltern existieren, denen es scheißegal ist, was ihre Tochter interessiert, was ihr wichtig ist?

Und wenn mir noch so viele Professoren nach den mündlichen Prüfungen die Hand geschüttelt 
und gratuliert haben, für meine Familie bin und bleibe ich die geborene Enttäuschung.
(S. 17)

Diese Geschichte ist also das beste Beispiel dafür, wie man einen Menschen verunsichern, ängstlich, ratlos, sich selbst verabscheuend und vor allem unglücklich machen kann. Wenn man es aber aus eigener Kraft schafft, sich aus so einem Umfeld zu lösen und anfängt positiv über sich und sein eigenes Leben zu denken, dann kann man nur den Hut ziehen. Denn unter solchen Umständen, wie sie Lena betreffen, ist das wahrlich nicht ganz einfach.

In anderen Rezensionen zu diesem Buch habe ich gelesen, dass das Ende als etwas „komisch“ empfunden wurde. Dem muss ich aber widersprechen, ich fand das Ende sehr erhellend und schön. Es findet ein recht großer Wandel in Lena statt, einerseits kam mir das auch ein wenig zu plötzlich, aber als unwahrscheinlich empfand ich es auch nicht. Denn: wenn man jahrelang durch äußere und innere Erniedrigungen in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt ist, und sich das immer mehr zur Unerträglichkeit aufstaut, dann ist aus meiner Sicht so ein plötzlicher Wandel/Befreiungsschlag, wie bei Lena am Schluss, in meinen Augen durchaus authentisch.


Persönliche Bewertung
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Weitere Buchzitate
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~ Ich lehne mich keinen Millimeter zu weit aus dem Fenster, wenn ich hier und jetzt behaupte, dass 
eine gewisse Hilflosigkeit die Atombombe unter den Waffen einer Frau ist. Bei Gott, ich schwöre, sich 
immer schön hilflos, niedlich und dankbar für jeden Beschützer anstellen, heißt die Zauberformel, um 
alles in den Arsch geschoben zu kriegen und Männer scharf wie Rasierklingen zu machen. ~ (S. 95)

~ Wie kann man nur so grausam sein? Verfluchte Menschen! Wie kann man immer und 
immer wieder über ein Kind herfallen, bis es anfängt, sich selbst zu verabscheuen? ~ (S. 100)

~ Keine Angst soll ich haben, sondern vertrauen, dass alles so kommt, wie es kommen soll. ~ (S. 107) 

~ Ich schüttle meinen Kopf. Könnte ich ihn doch ausschütteln wie ein klitschnasser Hund 
sein Fell! Alles rausschleudern ... Dass die Gedanken bloß irgendwie aufhören! ~ (S. 174) 

~ Schwäche lockt den Spott an wie Blut die Piranhas! ~ (S. 194)

~ »Gewisse Ehen halten nur in der Weise zusammen wie ineinander verbissene Tiere.« (Gerhart Hauptmann) ~ (S. 198)

~ Vertrauen ist die stärkste Macht. Sie hebt alle alten Muster auf, 
beleuchtet wie ein Licht in der Dunkelheit den richtigen Weg. ~ (S. 199) 

~ »Glauben Sie etwa, die Welt wartet auf jemanden, der einzig und allein darauf aus ist, kräftig zu kassieren?« ~ (S. 205) 

~ Wenn man jemanden glücklich machen will, dann doch wohl sich selbst! ~ (S. 241)





Die Autorin
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Pauline Keller lebt mit Mann und Hund in Mainfranken.




Weitere Rezensionen zu vorgestelltem Buch
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5 Sterne: Diary Of A Booklover | privatkino






Herzlichen Dank an Pauline und BoD für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! ☺


10 Kommentare:

  1. Liebe Janine

    Das ist ja einmal ein toller erster Satz und "Die Luft da oben" klingt wirklich nach einem tollen Buch. Auch wenn da noch mehr geht, denke ich, dass das Buch etwas für mich sein könnte.

    Bist du morgen Abend bei meinem gemütlichen Lese-Miteinander dabei? Ich würde mich wirklich sehr, sehr über deine Teilnahme freuen.

    Und geht es dir schon besser?

    Ganz liebe Grüsse
    Livia

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    1. Hallo Livia!

      Ja, mir hat "Die Luft da oben" sehr gut gefallen. Alles ab 4 Sternen ist bei mir auf alle Fälle lesenswert. Und vor allem die Botschaft(en), die die Geschichte vermittelt, wenn man zwischen den Zeilen lesen kann, sind nachdenklich stimmend. Bin mir sicher, dass der Roman auch was für dich wäre. :)

      Mir geht es um einiges besser, ja, danke der Nachfrage. Da ich aber noch immer im Krankenstand bin, kann ich morgen ziemlich sicher beim Gemütlichen Lesemiteinander dabei sein, ja. Ich freu mich. :-)
      Ich bereite dann gleich noch meinen Post für morgen Abend vor.

      Alles Liebe ♥,
      Janine

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  2. Hallo Janine,

    eine sehr schöne und ehrliche Rezension ♥ es hat richtig Spaß gemacht Deine Meinung zum Buch zu lesen. Es freut mich das auch Dir das Buch gefallen hat und ich hoffe wir dürfen uns bald wieder über ein Buch von Pauline freuen :)

    Liebste Grüße,
    Tanja ♥

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    1. Danke, Tanja! :) Oh, ich hoffe sehr, dass Pauline noch ein Buch schreiben wird. Aber ich werde diesbezüglich mal fragen.
      Alles Liebe ♥

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  3. Tolle Rezension meine Liebe :)
    Auch wenn ich anderer Meinung zum Ende war, kann ich deine Sichtweise ebenfalls verstehen!

    Aber die Familie und "Freunde" um Gottes Willen die waren richtig schrecklich. Das ein oder andere Mal hätte ich denen gerne mal eine reingehauen *-*

    Liebe Grüße :)

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    1. Danke! :)
      Oh ja, dazu hätte ich wohl auch große Lust gehabt. Wir beide lassen uns dann doch (um einiges) weniger gefallen, als Lena. :D

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  4. Ich hab ja ein bisschen gehofft, dass du den Inhalt selbst zusammenfasst, damit ich besser einschätzen kann worum es geht :P

    Schöner erster Absatz! Ich glaube, viele Menschen (Frauen) denken erstmal, dass es doch viel schlimmeres gibt als groß zu sein. Zumal 1.82 ja noch keine Größe ist, wo man Probleme mit Türrahmen oder Maßanfertigungen bekommt. Aber gerade für Frauen ist das häufig doch ein Problem. Ich hab eine Freundin die über 1.80 Meter ist und die findet das nicht so prickelnd. Aber andersherum ist es auch so. Eine Freundin von mir ist keine 1.60 Meter....

    Insgesamt klingt es auf jeden Fall nach einer netten Geschichte! Und ich mag ja auch das Cover ♥

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    1. Ja, das habe ich jetzt schon länger nicht mehr gemacht: den Inhalt selbst zusammengefasst. Ich habe das Gefühl, als würde mir das zu viel Zeit wegnehmen. Manchmal brauche ich zum Inhalt zusammenfassen sogar länger als für die ganze Rezension, deswegen habe ich mir gedacht, ich lass es jetzt erst mal wieder für eine Weile bleiben, bis ich wieder Lust drauf habe. ;)

      Ich weiß, dass es nicht immer toll ist, so groß zu sein. Aber so etwas kann man nun mal nicht ändern. Deswegen ewig unglücklich sein hat echt keinen Sinn. ;) Ich weiß noch, dass ich mir damals als Kind viel zu groß vorgekommen bin im Vergleich zu meinen Freundinnen, ich wollte immer klein und zierlich sein. Später dann, als Jugendliche, wollte ich gerne viel größer sein. Nur dann man daran nichts ändern kann (auch nicht durchs Wollen^^) habe ich erst im Erwachsenwerden verstanden. Für Lena, die schon 25 ist, und scheinbar immer noch so darunter leidet, fand ich das dann doch sehr ungewöhnlich. Es gibt sehr viele Vorteile (vor allem auch beruflich), wenn man groß ist: Stewardess und zum Beispiel Model kann man nur werden, wenn man eine gewisse Größe hat. Wenn man groß ist, kommt man überall gut ran, man kann mehr essen, ... ;) - Das, was mir eben spontan zu den Vorteilen einfällt.

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  5. Eine schöne Rezension - ich mochte den Roman auch, eben weil man Lena erst nicht verstehen kann und erst mit der Zeit merkt, wie wichtig äußere EInflüsse sind!
    Das Ende kam mir zugegebenermaßen etwas "in your face", aber ansonsten hat es mir auch einen kleinen Kick mitgegeben meine Ziele bedingungslos zu verfolgen ;)

    Liebe Grüße
    Ana von www.storiesdreamsbooks.blogspot.de

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    1. Liebe Ana,
      vielen Dank für dein kurzes Feedback und deinen Besuch bei mir. :)
      Für mich war es gar nicht so schwierig, Lena von Anfang an zu verstehen, man merkt ja bereits auf den ersten Seiten, wie ihre Familie und ihre Freundin drauf sind, also nicht gerade unterstützend sind - in keinerlei Hinsicht und wie sich das nur negativ auf Lena auswirken kann.
      Und da Lena die ganze Zeit (sehr stark) darunter gelitten hat, wundert mich am Ende auch nicht unbedingt dieser plötzliche Wandel. Ich glaube, wenn man im Leben so viel durchmachen und aushalten muss - irgendwann reicht es einem dann einfach und dieser Wandel war für mich dann sowas wie ein plötzlicher Befreiungsschlag. Ich glaube auch, dass dieses Buch für junge Menschen einen Anstoß geben kann, sich von den Klauen und Meinungen anderer Menschen, auch wenn es vor allem die eigene Familie ist, zu lösen und sein eigenes Ding zu machen. :) Hast du das Buch auch rezensiert?

      Alles Liebe ♥,
      Janine

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